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Atomstrom in Frankreich und sicherheitsgefährdende Vorfälle bzw. Themen

15.9.2023

Atomkraft ist aktuell eine der bedeutendsten Stromquellen Frankreichs. Allein im Jahr 2022 machte Kernenergie rund 63 Prozent allen erzeugten Stroms aus und stellte zugleich mit rund 200.000 Arbeitsplätzen auch die drittgrößte Industrie der Nation. Pläne zum Ausbau der Kernenergie scheinen daher zunächst nicht vollkommen verwunderlich, gilt diese doch auch als Garant nationaler Unabhängigkeit, da das Land andernfalls mangels eigener Ressourcen stark auf seine Nachbarn und Handelspartner angewiesen wäre.

Problematische Aspekte  zur Kernkraft in Frankreich

Korrosion und die Notwendigkeit zur Überprüfung betroffene Reaktoren vorübergehend herunterzufahren, führten bereits 2016 zu einem erhöhten Stromimportbedarf in Frankreich. Da in Frankreich sehr viele Gebäude auch mit Strom beheizt werden, wird die Situation damit im Winter generell noch verschärft.

Im Sommer 2022 waren nur etwa 29 der insgesamt 56 landesweiten Atomkraftwerke Frankreichs tatsächlich in Betrieb. Grund hierfür waren unter anderem laufzeitbedingte Schäden wie Korrosion; betroffene Einrichtungen wurden daher wartungsbedingt vom Netz genommen. Darüber hinaus machte vielen AKWs auch die ungewöhnliche Hitze stark zu schaffen, da durch die erhöhte Außentemperatur die Kühlflüsse derart stark erwärmt wurden, dass sie ihrer eigentlichen Funktion nicht oder nur unzureichend nachkommen konnten.
Um die reduzierte Produktion zu kompensieren, war Frankreich auf Stromzukäufe aus dem Ausland angewiesen. Durch die große Nachfrage Frankreichs, die auch in anderen Strommärkten die Strombezugspreise stark steigen ließ, erhöhten sich die Strompreise in Staaten wie z. B. Deutschland ebenfalls.
Aufgrund der Ausfälle kam es 2022 zu einer historisch niedrigen Atomstromproduktion und der Betreiber der Kernkraftwerke, EdF, schrieb mit einem Jahresverlust von 17,9 Milliarden Euro den höchsten Verlust in der bisherigen Firmengeschichte. Zudem stiegen die Schulden des Konzerns auf 64,5 Milliarden Euro.
Gleichzeitig kam es in Frankreich durch die Einführung des Strompreisdeckels zu einem deutlichen Anstieg der Staatsverschuldung.

Ein weiteres Problem stellt der Mangel geeigneter Fachkräfte dar: Viele junge Leute entscheiden sich mittlerweile gegen eine Karriere innerhalb der Nuklearindustrie, nicht zuletzt auch, da allgemein in der Bevölkerung die Popularität erneuerbarer Energien immer weiter anzusteigen scheint. Zwar sollen diese wiederum bis voraussichtlich 2040 etwa 40 bis 50 Prozent des Gesamtverbrauchs im Land decken, doch bislang konnten trotz steten Ausbaus die entsprechenden Mindestvorgaben der EU hinsichtlich des Anteils erneuerbarer Energien am Gesamtstromverbrauch nicht erreicht werden. Insgesamt machten im Jahr 2021 erneuerbare Energien lediglich knapp über 19 Prozent des Bruttoendenergieverbrauchs in Frankreich aus.

Im März 2023 wurde ein Gesetz „zum beschleunigten Verfahren beim Bau von Atomanlagen“ verabschiedet. Frankreich plant nun den Bau von Small Modular Reactors und sechs neuer EPR2 Reaktoren, mit dem Ziel, bis 2035 klimaneutral zu sein.
Außerdem soll die Kernkraft zur Produktion von grünem Wasserstoff genutzt werden.
Stand Juli 2023 sollen die sechs neuen EPR2-Reaktoren an folgenden drei Standorten gebaut werden: Penly (geplante Inbetriebnahme im Idealfall 2035), Gravelines (2038) und Bugey (2042).

Infolge der globalen Erwärmung können zunehmende Hitze- und Trockenperioden die Verfügbarkeit von Kühlwasser der Kernkraftwerke und damit deren Leistung im Sommer in Frankreich stark negativ beeinflussen. Projektionen des IPCC deuten darauf hin, dass die Produktion von an Seen und Flüssen gelegenen Wärmekraftwerken in Zukunft besonders empfindlich auf die globale Erwärmung reagiert. Sie könnten häufiger Wasserbeschränkungen unterliegen, da die Temperatur der Wasserauslässe die behördlichen Grenzwerte zunehmend überschreitet. Europäische Anlagen, insbesondere in Südfrankreich, könnten dabei die höchsten prozentualen Zunahmen an aufeinanderfolgenden Trockentagen verzeichnen.

Die folgende Tabelle zeigt, dass z.B. 2022 mehr als 600 sicherheitsgefährdende Vorfälle in Atomkraftwerken in Frankreich zu verzeichnen waren:

Art des Vorfalls

2022

2021

2020

2019

Abweichungen von funktionellen technischen Spezifikationen (STE) oder Vorfälle, die zu derartigen Abweichen führen könnten

332

391

378

366

Weitere, potenziell sicherheitsgefährdende Vorfälle

238

236

238

240

Unbeabsichtigtes Einschalten eines Schutz- oder Sicherheitssystems

31

22

30

20

Design-, Hersteller- oder Montagebedingte Störung

28

38

31

36

Übergang in den ausgeschalteten Zustand gemäß STE oder des Unfallprotokolls

27

33

37

36

Automatische Reaktorschnellabschaltung

22

33

18

45

Auftreten interner oder externer Naturgefahren (Überflutungen, Feuer etc.)

5

2

2

1

Vorfälle oder Störungen, die das Haupt- oder Sekundärsystem betreffen

3

6

4

1

Ereignisse, das mehrfache Ausfälle verursacht hat oder verursachen könnte

1

1

2

-

 

Zusammengestellt bzw. bearbeitet von Renate Brandner-Weiß

Quellen:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1333023/umfrage/sicherheitsgefaehrdende-vorfaelle-in-atomkraftwerken-in-frankreich/

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernenergie_in_Frankreich







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