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Eindrücke aus Slowenien, wo ein zweiter Reaktor in Krško droht

3.12.2023

Am 30. Nov. 2023 fand in Ljubljana eine kleine, aber feine Konferenz zur Energiesituation in Europa und Slowenien statt. Nicht geplant, aber doch stand sie eindeutig im Schatten des drohenden Neubaus in Krško. Die neu gegründete Grüne Partei Vesna – „Frühling“- lud Abgeordnete und Experten aus Brüssel ein, zum Thema Atomkraft war Patricia Lorenz am Panel.

Offiziell wird die Entscheidung über einen weiteren Reaktor im Erdbebengebiet erst in einem Referendum 2027 getroffen werden. Doch daran glaubt hier niemand, auch die hohen BeamtInnen  äußern auf den Gängen die Vermutung, dass die Entscheidung dann bereits getroffen ist.

Relativ offen schildert ein Vertreter des Klimaministeriums die laufenden Vorbereitungen. Danach wurde ein eigener Staatssekretär mit der Vorbereitung des Projekts betraut und gleich im Kabinett des Premierministers angesiedelt. Es wurde auch eine Arbeitsgruppe aus VertreterInnen anderer Ressorts eingesetzt.

Bis zum Referendum wären noch Fragen der Finanzierung zu klären. Die Kosten werden durchaus realistisch mit 120 Euro/MWh, d.h. 12 Cent pro kWh angeführt, bzw. 15 Milliarden Euro für 1200 MW. Auf Nachfrage, warum diese eigentlich am Markt nicht angebotene Kapazität des Reaktors angestrebt wird, wurde darauf verwiesen, dass EDF dies für den tschechischen Markt entwickeln würde und der Reaktortyp damit auch für Slowenien verfügbar sei.

Wirklich interessant war:
Es wurde zugegeben, dass das AKW wirtschaftlich noch schwieriger zu rechtfertigen sein wird, wenn es etwa im Sommer aufgrund der möglicherweise überschrittenen Wassertemperatur in der Save nicht möglich sein wird, das AKW 24/7 laufen zu lassen. Eher nach Irrtum klang die Annahme, dass der Markt sich für AKW-Finanzierung interessieren würde und Investoren gefunden werden könnten, möglichst aus dem Ausland. Der Betreiber von Krško ist GEN, eine 100% staatliche Gesellschaft, die wiederum vom AKW Krško den gesamten Strom abnimmt. D.h. die Hälfte, denn die anderen 50% der Produktion gehören Kroatien.

Zum Thema Atommüll-Lagerung gibt es mehr offene Fragen als Antworten:
Auf Nachfrage wurde zugegeben, dass der Atommüllfonds Sloweniens tatsächlich nur über 200 Millionen Euro verfügt und daraus etwa das Trockenlager am Standort Krško bezahlt wurde, allerdings auch die Dekommissionierung des laufenden AKWs daraus zu leisten wäre. Aktuell werden die Brennstäbe in das neue Trockenlager verbracht und danach ist dort für 100 Jahre Betrieb geplant. Für die Zeit darüber hinaus gibt es keinen Plan und kein Geld. Gegen massiven Widerstand wurde eine Erhöhung der Abgabe pro MWh erzeugten Stroms durchgesetzt, aber auch diese reicht nicht. Zur Erinnerung: Das in Finnland nun fertiggestellte Endlager Onkalo kostete offiziell 5 Milliarden Euro.

Bis zum Referendum 2027 sind noch 3 Jahre, die für eine massive Kampagne nicht nur gegen nukleare Risiken, sondern auch gegen das damit verbundene Problem einer massiven Verschuldung Sloweniens über Jahrzehnte genutzt werden müssen.

15 Mrd. Euro sind der Preis für den Reaktor ohne Zinsen, die nochmal bis zu ¾ der Kosten betragen können. Viel zu viel für ein Land mit 2 Millionen Einwohnern, welches auch die Reparaturkosten für die Schäden aus dem Hochwasser im Sommer 2023 aufbringen muss.

Die Vertreter der Ministerien, die NGOs ohnehin, aber - wie man hört - selbst die MinisterInnen beschreiben eine Situation, in der sie von pronuklearen Lobbyisten und AKW-Verkäufern förmlich überrannt werden. Einige Vorbereitungen, etwa die Erteilung der energiewirtschaftlichen Genehmigung, hat schnell und “formlos“ noch die ehemalige Regierung erteilt. Jetzt steht zu befürchten, dass die jetzige Regierung dem Druck nicht standhält und außerdem Neuwahlen auch nicht ausgeschlossen werden können, wodurch die Vorbereitungen noch ungebremster Richtung AKW-Neubau gehen würden – selbst 2.400 MW werden kolportiert.

Wie in vielen anderen Ländern ist der wichtigste Hebel dagegen Information, da die pronukleare Hirnwäsche längst nicht nur in den Medien flächendeckend ist, sondern von bezahlten Agenturen auch den Bereich der social media beherrscht.

Für die wenigen kleinen NGOs ist die Finanzierung solcher Aktivitäten schwierig. Dies auch deshalb, weil die Stiftungen und anderen Förderprogramme in dem Bereich seit Jahren die Unterstützung von Antiatomarbeit zugunsten von Klimakampagnen nahezu eingestellt haben. Das Resultat sehen wir nun: Atompläne allerorten.

Artikel erstellt von Patricia LORENZ, bearbeitet von Renate Brandner-Weiß


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