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Geplantes Atomkraftwerk Dukovany V – Details zum Beihilfeverfahren bei der EU-Kommission

30.8.2022

Wie bereits bei Hinkley Point C und Paks II ist das Atomkraftwerk selbstverständlich nicht so einfach zu finanzieren, dass etwa der Stromversorger sich nach einem Kredit umsieht und bauen würde. Es ist ein 100% staatliches Sicherheitspölsterchen von Nöten, um zumindest theoretisch ein AKW zu errichten. Diese Garantien fehlten im Jahre 2014 und daher scheiterte die Ausschreibung für Temelin 3&4. Staatliche Beihilfe ist im wettbewerbsorientierten EU-Binnenmarkt nicht erlaubt, Ausnahmen natürlich möglich, etwa für Marktversagen oder Technologie in den Kinderschuhen. Oder eben für Atomkraftwerke, für die zwar eigentlich keiner der Gründe gilt, aber schließlich unter einer eigenartigen Auslegung durch den EUGH als letzte Instanz der EU, durchging.

So wurde die Begründung herangezogen, dass es einen eigenen Atomstrommarkt geben würde und daher AKW auch mit extrem hoher Beihilfe errichtet werden sollen.

Die Klagen der österreichischen Bundesregierung in beiden erwähnten Fällen gegen die Entscheidung der EU-Kommission waren gut ausgearbeitet und haben auch einigen Wirbel verursacht, dennoch muss man zur Kenntnis nehmen, dass nun beihilfenrechtlich die Fragen ausjudiziert sind und wenn noch einmal erhoben und eingeklagt werden, man auch eine Abweisung durch das Gericht riskieren möchte.

Noch ein paar Tage kann die Bekanntmachung der Beihilfe auf den Seiten der Europäischen Kommission nicht nur eingesehen, sondern auch kommentiert werden (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=uriserv%3AOJ.C_.2022.299.01.0005.01.ENG&toc=OJ%3AC%3A2022%3A299%3ATOC). Zu den möglichen Argumenten gegen das Projekt, die von der Kommission nicht ausreichend betrachtet wurden, zählt sicherlich die Frage, wie denn die Verdopplung der geplanten Bauzeit von etwa 10 Jahren und mehr abgepuffert werden sollen, wenn doch für 2030-2040 mit zusätzlichem Strombedarf argumentiert wird (geplante Inbetriebnahme des AKW ist 2036).

 Werden Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke, die eigentlich abgedreht werden sollten, länger laufen, da ja der Ersatz auf sich warten lässt? Nicht einmal erwähnt ist die Frage der traditionellen Kostenüberschreitungen und wer dafür aufkommen wird. Und letztlich: Ist nicht angesichts der aktuellen Strompreise das AKW auch ohne Beihilfen finanzierbar, vor allem da ja ohnehin unrealistisch niedrige Baukosten angenommen werden und somit der Preis, zu dem der Strom vom Staat von CEZ abgekauft werden soll bei ca. 60 Euro/MWh liegen soll.  Sehr grob gerechnet ist allerdings mit dem doppelten Betrag zu rechnen, der ja die Gestehungskosten und einen bestimmten Profit beinhalten soll.

Argumente, die allerdings vom EUGH – Urteil zu Hinkley Point C unterstützt wurden, betreffen die EU-Umweltgesetzgebungen, die wie betont wurde, einzuhalten sind. Dazu zählen etwa die Frage der Dekarbonisierung, der ja das Projekt Dukovany dienen soll und sehr wichtig, die Wasserversorgung.  Eine ausreichende Wasserversorgung durch den Fluss Jihlava wird angezweifelt. Die vermeintlich einfache Antwort, dass das AKW eben abgedreht würde, bevor es zur Gefährdung der Biotope käme, wird bereits jetzt täglich durch die Praxis in Frankreich widerlegt, wo einfach aufgrund der benötigten Stromproduktion die AKW weiterbetrieben werden.

In der Projektbeschreibung wird von der tschechischen Seite auch angekündigt, dass die nun gültigen EU-Taxonomieregeln für Neubauten wahrscheinlich eingehalten werden. Das ist insbesondere bei der Endlagerung bis 2050 nicht einmal am Papier gesichert, neben der Standort – und Technologiefrage ist nicht einmal die nötige Finanzierung der Baukosten für ein Endlager gesichert. Während wie nun bekannt wurde, das finnische Endlager (noch nicht genehmigt) bisher 5 Milliarden Euro gekostet hat, liegen im tschechischen Fonds nur 1,1 Milliarden für alle 6 laufenden Reaktoren. Die längst notwendige Erhöhung des Beitrags, der pro MWh abzuführen ist, wurde verhindert und es sind keine Absichten zur nötigen Erhöhung zu sehen. Daher würde auch diese Bedingung nicht erfüllt, obwohl dies der Europäischen Kommission gegenüber unter Punkt (40) der Ankündigung behauptet wird.

 Unrichtig ist auch die Behauptung in der Risikoauflistung, wonach das Unternehmen die Haftung für Nuklearunfälle tragen würde. Da sich die Tschechische Republik noch immer weigert mehr als den alten „Ostblockrabatt“ als Entschädigung einzubezahlen, wird ČEZ bis auf weiteres mit 324 Millionen Euro je Unfall unterversichert bleiben.  Zur Orientierung, sicherlich nicht final ist der Betrag für die Dekommissionierung des KKW Fukushima und die Entschädigung der Opfer laut dem Wirtschaftsministerium Japans:  175 Milliarden Euro.

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Hintergrundinformation:

Es geht um 3 Formen von Beihilfen

The measure includes three types of support:

-a
State loan (Repayable financial assistance) with a low interest rate, covering almost 100 % of the construction costs;

—b
an offtake contract under the form of a Power Purchase Agreement (PPA), between the beneficiary and a Special Purpose Vehicle (SPV) owned and managed by the Czech government, by which the SPV commits to buy all electricity produced by the beneficiary at a fixed price during 60 years. The SPV will then sell all this electricity to the electricity wholesale market;

-c
a change of Law or Policy investor protection mechanism during the entire investment period.

Zusammengestellt von Patricia Lorenz, bearbeitet von Renate Brandner-Weiß.


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