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Unter https://energy.ec.europa.eu/news/commission-invites-views-shape-its-small-modular-reactor-strategy-2025-11-10_en ist der Call for Evidence zu finden, mit der Möglichkeit, seine Meinung auf 4000 Zeichen einzusenden.
Kaum zu unterdrücken ist der Eindruck, dass die Kommission bereits eine Meinung hat, die allerdings eher nach einer Wunschliste an den Small Magic Reactor klingt, aber als Faktum präsentiert wird, wenn die Kommission im Ausgangsdokument für die Konsultation folgendes festhält ...
„Kleine modulare Reaktoren und fortgeschrittene modulare Reaktoren bieten mehrere potenzielle Vorteile, darunter eine vereinfachte Auslegung, bessere Sicherheitsmerkmale und eine bessere Kosteneffizienz der Fabrikproduktion sowie geringere Bau- und Betriebskosten, die sie für politische Entscheidungsträger, die Industrie und Investoren attraktiv machen könnten. Diese kleineren Reaktoren, die als modulare Einheiten gebaut werden können, bieten Flexibilität, um den vielfältigen Bedarf an Energie, einschließlich Strom, Fernwärme und Industriewärme, zu decken und CO2-armen Wasserstoff und E-Fuels herzustellen. Zudem können sie zur Netzstabilität beitragen und Innovationen über den Nuklearbereich hinaus fördern, indem sie die modulare Fertigung, fortgeschrittene Werkstoffe und die digitale Integration voranbringen. Daher können diese Technologien bei der Verwirklichung der Ziele der EU in Bezug auf Dekarbonisierung, Wettbewerbsfähigkeit, Erschwinglichkeit und Innovation eine klare Rolle spielen.“
Alle diese als Fakten präsentierten Aussagen basieren auf dem Prinzip Hoffnung/Wunschdenken, denn nichts davon ist umgesetzt: Kein SMR (Kleine Modulare Reaktoren) oder AMR (Fortgeschrittene Modulare Reaktoren) existiert auch nur als Papierreaktor. Von je einem SMR in China oder Russland dürfen wir hier absehen, da sehr wenig gesichert bekannt ist und diese die Kommission wohl auch nicht propagiert.
Vereinfachte Auslegung, bessere Sicherheitsmerkmale:
Damit ist gemeint, dass SMR nicht nur kleiner, sondern einfacher sein sollen, als etwa der EPR von EDF, der ehemalige Flagship-Reaktor der Atomrenaissance um das Jahr 2000. Dieser sogenannte Generation-3+-Reaktor ist sehr kompliziert und aufwendig geworden, als die Sicherheitsmerkmale einen weiteren Schritt an die realen Risiken und Gefahren hinaufgeschraubt wurden. Das bedeutete unter anderem Sicherheit gegen gezielte Flugzeugabstürze und die Einführung des sogenannten Core-Catcher, der bei einer Brennstoffschmelze eben jene Schmelze einfangen soll und damit einen schweren Unfall verhindert.
An dieser Stelle sollen die SMR sparsamer werden, auch geringere Redundanzen, d.h. Reserven soll es geben. Worin die besseren Sicherheitsmerkmale bestehen sollen, bleibt offen. Es könnten etwa passive Systeme statt aktiver Systeme gemeint sein, d.h. dass statt mit Pumpen mit Schwerkraft allein gearbeitet werden soll. Dies wäre neu und somit unklar, ob es funktionieren würde wie von den jeweiligen Aufsichtsbehörden gewünscht und nötig.
Bessere Kosteneffizienz der Fabrikproduktion:
Das ist die Idee, die unter M wie Modular geführt wird. „Weil die Komponenten für den seriell erzeugten SMR in mehreren Fabriken spezialisiert hergestellt und dann auf der Baustelle nur mehr zusammengebaut werden müssen, wird alles billiger und zuverlässiger im Gegensatz zu den aktuellen Großbaustellen, wo die Teile vor Ort zusammengebaut werden und oft große Verzögerungen bewirken.“ Also lieber ein paar große Legosteine statt vieler kleiner? Das Problem ist ja ganz klar: Für so eine Fabrik bräuchte es ja erst einmal eine Menge an fixen Vorbestellungen eines SMR, konkret kursierte die Zahl sechzehn. Doch kursieren auch etwa 70 SMR-Designs - und keines der glaubwürdigeren - überhaupt in der EU. Somit können wir auch geringere Bau- und Betriebskosten als reine Hypothese abhaken.
Das, so meint die Kommission, würde diese SMR für politische Entscheidungsträger, die Industrie und Investoren attraktiv machen können. Erstere sind schon eingenebelt und begeistert, das stimmt soweit. Zweitere, die nicht mit Steuergeld hantieren, sondern ihrem eigenen, sind da zurückhaltender, daher auch der beständige Ruf nach Forschungsgeldern, etwa aus dem EU-Budget und/oder über EURATOM. Es stimmt, dass die Börsengänge mit papierenen SMR-Designs einiges brachten. Aber einer der erfolgreichsten Startups in diesem Bereich (newcleo) musste bereits mit Personalabbau beginnen, folgte dem Börsengang soweit einmal gar nichts.
Was wir schon gehört haben, aber in dieser Aufzählung umso auffälliger vermissen:
Der radioaktive Abfall aus den künftigen Kleinreaktoren, der doch vor allem weniger sein würde? Vielleicht keine zufällige Auslassung, ist doch mittlerweile klar, dass pro MWh die 2,5 bis 2,8-fache Müllproduktion ansteht, schlicht wegen der kleineren Brennelementkerne.
Mehr zu den drei strategischen Gründen für die Unterstützung der SMR-Entwicklung – CO2-Einsparung, Unabhängigkeit von Energieimporten aus Russland und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft - folgt im nächsten Blog.
Download:
Initiativtext der Europ. Kommission in Deutsch
Initiativtext der Europ. Kommission in Englisch
Der Artikel wurde verfasst von Patricia LORENZ und bearbeitet von Renate Brandner-Weiß
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