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Europäische Kommission sieht massive Unterstützung für SMR-Entwicklung als notwendig für CO2-Einsparung, Unabhängigkeit von Energieimporten aus Russland und Stärkung der EU-Wettbewerbsfähigkeit

3.12.2025

Unter https://energy.ec.europa.eu/news/commission-invites-views-shape-its-small-modular-reactor-strategy-2025-11-10_en ist der Call for Evidence zu finden, mit der Möglichkeit, seine Meinung auf 4000 Zeichen einzusenden. Kaum zu unterdrücken ist der Eindruck, dass die Kommission bereits eine Meinung hat, die allerdings eher nach einer Wunschliste an den Small Magic Reactor klingt, aber als Faktum präsentiert wird.

Europäische Kommission sieht massive Unterstützung für SMR-Entwicklung als notwendig für CO2-Einsparung, Unabhängigkeit von Energieimporten aus Russland und Stärkung der EU-Wettbewerbsfähigkeit

Im Folgenden betrachten wir die strategischen Gründe, die den SMR aus Sicht der Europäischen Kommission so wichtig machen würden. 

Zunächst wieder einmal zur Terminologie, die auch wichtig ist, wenn etwa über die EU-Taxonomie oder Banken und andere Programme die neuen SMR gefördert werden sollen.
Diese SMR-Strategie sollte klären, was SMR bedeutet: klein, wie klein, modular und/oder advanced und was advanced beinhaltet. Wir sind der Meinung, dass beispielsweise ein PWR-Reaktor mit 470 MW Leistung nicht klein, nicht fortschrittlich und höchstwahrscheinlich auch nicht modular ist, soweit die aktuelle Planung dies vermuten lässt. Eine klare Reihe von Kriterien würde eine sinnvolle Diskussion ermöglichen. Doch diese fehlt.

Im Call for Evidence https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/14618-Small-modular-reactors-future-development-and-deployment-in-Europe_en finden sich folgende Ziele:

1) das Ziel der EU, bis 2050 CO2-neutral zu werden;
2) die Bemühungen der EU, Energieimporte aus Russland zu beenden
3) die Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der EU.

1) CO2 -Neutralität:
Betrachtet man die jüngsten Entwicklungen, so sind erneuerbare Energien eindeutig die zuverlässigsten, kostengünstigsten und am einfachsten einsetzbaren Energiequellen.
Das Gegenteil gilt für die Kernenergie, wo in zwei Jahrzehnten drei Reaktoren zu horrenden Kosten ans Netz gegangen sind. Eine wesentliche Veränderung in den nächsten Jahren kann nur durch pure Magie erreicht werden, da die Atomindustrie keine Kapazitäten zum Bau von Kernkraftwerken hat und es keinen Grund zu der Annahme gibt, dass ein nicht existierendes SMR-Design etwas daran ändern wird. SMRs sind Kernkraftwerke mit noch höheren Kosten pro MWh. Derzeit gibt es kein SMR-Design und noch weniger Fabriken für die modulare Produktion, die die theoretische Idee zur Kostensenkung durch die Reduzierung von Verzögerungen bei den großen Baustellen von AKW darstellen.

2) die Bemühungen der EU, Energieimporte aus Russland zu beenden
Das Argument, das beispielsweise von IAEO-Generaldirektor Grossi und einigen anderen vorgebracht wird, dass SMR unter ganz bestimmten Umständen wie in der Arktis Strom liefern können, trifft auf die EU nicht wirklich zu und liefert keine Begründung für Investitionen in SMR.
Bemühungen der EU, Energieimporte aus Russland auslaufen zu lassen
Abgesehen von der bekannten Tatsache, dass der für einige SMR benötigte hochangereicherte Brennstoff nur in Russland hergestellt wird, sollte die Vorstellung, dass nicht existierende Konstruktionen und Produktionsanlagen zum Auslaufen beitragen würden, erklärt und auf Fakten gestützt werden.  

Teuer, teurer, SMR

3) Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft:
Während die Gestehungskosten (LCOE, levelized cost of electricity) der Atomenergie ständig steigen, sinken die der erneuerbaren Energien kontinuierlich. Auch ein kurzer Blick auf die Realität ist aufschlussreich: Während Polen seit 2013, also mehr als ein Jahrzehnt ein Kernenergieprogramm vorbereitet, wurden innerhalb weniger Jahre 10 GW Onshore-Windkraftanlagen real installiert, die pro Jahr rund 24,5 TWh, d. h. 14,5 % des in Polen verbrauchten Stroms, erzeugen.

Aktuelle Schätzungen gehen von Stromerzeugungskosten bei SMR von 150 Euro pro MWh aus – ohne Bauverzögerungen, also vom Zauberstab erschaffen. Wenn überhaupt SMR gebaut werden, werden sich diese Stromerzeuger und Verbraucher:Innen für Jahrzehnte im teuren Lock-in wiederfinden, während der Markt mit Strom aus Erneuerbaren und mit hohem Batterieanteil zu fast keinen Kosten für die europäische Industrie und Dienstleistungen überschwemmt wird, um auf dem Weltmarkt erfolgreich konkurrieren zu können. Da AKW - gleich welcher Größe - nur mit Subventionsprogrammen wie staatlichen Beihilfen gebaut werden, wird selbst die Einstellung des Baus oder der Nichtbetrieb der neuen Anlage die Steuerzahler nicht davor bewahren, am Ende die Rechnung für SMRs zu bezahlen.

Zusätzlich zu den üblichen Problemen der Atomenergie sind keine SMR-Designs zur Verfügung. Nach Jahren von Entwicklungsarbeiten wurde beispielsweise das Nuward-Design von EDF aufgrund eskalierender Kosten bereits in dieser frühen Phase eingestellt.

Die einzige Möglichkeit, die Kosten zu senken, die zum großen Teil auch durch die Bauzeitüberschreitungen entstehen, liegt in der angekündigten modularen Bauweise. Allerdings müssen auch diese Fabriken für einzelne SMR-Komponenten zunächst finanziert und gebaut werden, sodass all diese Behauptungen über mehrere SMR, z. B. in Polen, nur dazu dienen, die Öffentlichkeit und die Politik in die Irre zu führen. Es wäre sehr hilfreich, wenn die Europäische Kommission dies in ihrer SMR-Strategie klarstellen würde.

Am 4. Dezember endet die Konsultation. Danach wird vermutlich relativ unbeirrt von Stellungnahmen der Öffentlichkeit, die Europäische Kommission ihre SMR-Strategie als Mitteilung vorlegen, d.h. sie kann reinschreiben was sie möchte, gleichzeitig hat eine Mitteilung keine gesetzgeberische oder sonstige Wirkung, so damit nicht später etwa Ratsschlussfolgerungen oder andere zumindest politisch bedeutsamere Schritte gesetzt werden.

Download:
Initiativtext der Europ. Kommission in Deutsch 
Initiativtext der Europ. Kommission in Englisch 

Der Artikel wurde verfasst von Patricia LORENZ und bearbeitet von Renate Brandner-Weiß. 


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